Neues Konzept für Ersatzneubau in historischer Optik
Die Initiative Carolabrücke bringt sich mit einem neuen Konzept in die Diskussion um einen Ersatzneubau ein.
Zuletzt bescheinigte Baubürgermeister Stephan Kühn dem CDU-Vorschlag einer zweigeschossigen Brücke prinzipielle Umsetzbarkeit. Im Vergleich dazu ist eine gestalterische Anpassung an die typischen Dresdner Bogenbrücken leicht umsetzbar.
Mit einer Konzeptdarstellung (siehe Anhang) zeigt die Initiative Carolabrücke, wie sich auch ohne zusätzliche Strompfeiler eine historisch inspirierte Optik erzielen lässt. Dieser Vorschlag erfüllt alle Vorgaben, zum Beispiel auch jene des Denkmalschutzes.
Baubürgermeister Kühn steht es nicht zu, den Dresdnern vorzuschreiben, was unter einer „zeitgemäßen Gestaltung“ zu verstehen sei. Wenn sich Kühns Haltung in der Vergangenheit durchgesetzt hätte, wäre Dresdens Innenstadt heute international uninteressant. Menschen aus aller Welt werden von Dresdens historischem Zentrum angezogen, das im alten Stil wiederaufgebaut wurde. Zurecht sind die meisten Dresdner stolz auf diese Leistung und engagieren sich für Architektur wie in kaum einer anderen Stadt.
Der Bürgerrat für die Stadt Dresden hat im Mai gefordert, dass die Dresdner über „das Aussehen der Brücke mitbestimmen können“. Dieser repräsentativ aus 50 Dresdner Menschen zusammengesetzte Rat hat ein Jahr lang Empfehlungen an die Politik ausgearbeitet. Unter dem Motto „Friedensstadt Dresden“ heißt es, die „demokratische Aushandlung und Identifikation mit dem städtischen Bau“ sei wichtig für ein friedliches Zusammenleben.
Dem schließt sich die Initiative Carolabrücke an und fordert die Stadt Dresden auf:
- die Planungsbüros zu verpflichten, je zwei Gestaltungsvarianten zu entwerfen: darunter eine, die sich an die Ästhetik der originalen Carolabrücke von 1895 anlehnt
- das Wettbewerbsverfahren mit weitreichenden Einflussrechten des Stadtrates und unter Bürgerbeteiligung abzuhalten
Das eindeutige Stimmungsbild zugunsten einer historischen Gestaltung, das in Petitionen und Umfragen zum Ausdruck kam, darf die Stadtverwaltung nicht – wie schon so oft – ignorieren.
Unabhängig vom vorgelegten Konzept, das sich an den bisherigen Pfeilerstandorten orientiert, tritt die Initiative weiterhin für eine statisch sichere Bogenbrücke ein. Eine Spannweite von 120 Metern bleibt angesichts der Vorgaben – schmale Gestalt mit untenliegendem Tragwerk, hoher Lasteneintrag – auch mit heutigen Materialien riskant. Physik lässt sich nicht austricksen, wie der Brückeneinsturz eindrucksvoll gezeigt hat. Auch viele andere Spannbetonbrücken sind marode, eingestürzt ist jedoch die Carolabrücke. Daraus müssen wir lernen und uns auf die konkurrenzlosen Vorteile einer robusten Bogenbrücke besinnen.
Rechtlich ist das möglich.
Um nach dem Abriss die eingestürzte Brücke nachbauen zu können, hat die Stadtverwaltung eine Sondergenehmigung für einen neuen Strompfeiler beantragt. Diese wurde als „individuelle Lösung“ erteilt, und zwar „abweichend vom Erlass“, der eigentlich Ausbauziele ohne Strompfeiler vorsieht. Beim Bundesverkehrsministerium (BMDV) und dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSV) hat man sich auch mit einer historisch orientierten Brücke beschäftigt. Das WSV schreibt dazu: „Sollte die Stadt Dresden hier eine Änderung wünschen, so müssten Sie dies direkt beim BMDV erwirken“. Dorthin hat die Initiative Carolabrücke sich gewandt. Von der zuständigen Referentin für Bundeswasserstraßen erhielt sie die Auskunft, dass „außerhalb des Fahrwassers eine Anpassung der Carolabrücke an das historische Vorbild aus strom- und schifffahrtspolizeilicher Sicht zustimmungsfähig“ sein kann. Die Bögen der ersten Carolabrücke vertragen sich mit der Breite des heutigen Fahrwassers (60 Meter).
Die Initiative Carolabrücke geht davon aus, dass der Weg einer Genehmigung als Ersatzneubau scheitern wird. Die eingestürzte Brücke genügt in keinem Aspekt heutigen Anforderungen an Statik, Verkehrsführung und Städtebau. Die Vielzahl notwendiger Anpassungen ist so zahlreich, dass ein Neubau eine erhebliche bauliche Veränderung bedeutet. Daher wird ein Planfeststellungsverfahren unausweichlich sein.



